Haushaltsrede zum Haushaltsplanentwurf 2019

Hier die Haushaltsrede des UWG-Fraktionsvorsitzenden Raimo Benger zum Haushaltsplanentwurf 2019:

„Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister!

„Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, so äußerte sich einmal der Oberbürgermeister einer Stadt, in der ich meinen Zweitwohnsitz habe, in einer Podiumsdiskussion der örtlichen Rotary Clubs zum Thema „Stadtentwicklung“.

Von einem bekannten Architekten, der ebenfalls im Podium saß, wurde ihm erwidert: „Herr Oberbürgermeister, Sie müssen die Visionen haben und diese Ideen, die Sie zur Stadtentwicklung haben, artikulieren. Sie müssen voranschreiten. Wenn Sie das nicht tun, wer soll es dann tun? – Und mit Ihnen der Stadtrat! Die Machbarkeit überprüfen dann Ingenieure und Architekten sowie Planer.“

Also: Wer als Führungsperson keine Visionen hat, sollte zum Arzt gehen!

Visionen und Ideen müssen dazu führen, dass wir Standortfaktoren für unsere Stadt definieren, die für diejenigen, die hier leben und hier hinziehen möchten, dazu beitragen, dass sie sich bewusst für unsere Heimatstadt entscheiden und nicht „Hereinpendler“ werden, derer an Zahl wir in großem Umfang in Meinerzhagen haben.

Standortfaktoren wiederum führen dazu, dass Menschen hier ansiedeln, hier einkaufen, hier ihre Steuern zahlen und dass hier Kindergärten und Schulen besucht werden, was sich wiederum positiv auf unseren Haushalt auswirkt.

Daher müssen Standortfaktoren unbedingter Bestandteil einer Haushaltsrede sein, weil sie es sind, die positive monetäre Folgen haben.

Es ist uns Einiges gelungen.

Keine Frage, der Platz vor der Stadthalle ist schön geworden und wird von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen. Die Beleuchtung des Nachts ist traumhaft; ebenso die Sitzgelegenheiten und Spielmöglichkeiten für die Kinder. Man hat sich redlich Mühe gegeben, ihn im Sommer mit Veranstaltungen zu beleben.

Jetzt darf man aber nicht stehen bleiben, sondern muss mit weiteren Visionen voranschreiten.

Wer einmal nachmittags oder abends in Attendorn oder anderen Städten gewesen ist, sieht, was Plätze dauerhaft erlebbar macht.

Dort gibt es Gastronomie – Cafés, Restaurants, klassische Kneipen und auch Geschäfte.

Solche Plätze sind wirklich belebt.

Das muss uns in Meinerzhagen auch gelingen und zwar nicht en passant sondern forciert und gezielt – und nicht erst, wenn die Stadthalle dann vielleicht in einigen Jahren einmal von einem Einkaufszentrum umgeben ist.

Möglichkeiten bieten sich vielleicht zunächst gegenüber der Stadthalle, aus der Perspektive betrachtet, auf der rechten Seite des ehemaligen „Blauen Hauses“.

Vielleicht kann man auch noch etwas auf den Platz setzen, das Möglichkeiten zum Verweilen bietet. Einfach einmal denken, querdenken. Die Machbarkeit kann dann überprüft werden.

Wasser zieht Menschen an.

Wasser zieht Kinder und damit die Eltern auf den Platz – gut!

Die Volme aber als natürliches Wasser wird nicht richtig erlebbar.

Sie sollte in ursprünglichen Planungen einmal integrativer Bestandteil des Stadtplatzes werden.

Meine wiederholte Anfrage hier im Rat, warum denn nicht – wie in anderen Städten – mit natürlichen Felsen aus der Region das Flussbett erlebbar gemacht wird, wurde damit beantwortet, dass dies nicht „förderfähig“ gewesen sei.

Aber jetzt ist es ja durch und man kann vielleicht einmal sehen, wie man es nach und nach, sukzessive erlebbarer macht.

Und dann war da noch die Sache mit dem Markt.

Unser Vorschlag, diesen auf dem Stadtplatz zu belassen aber vielleicht in einem zweiten Tag in der Woche oder in größeren Wechseln auch einmal in die Innenstadt zu verlegen, weil wir eben nicht nur den Platz haben sondern auch noch Einzelhandel und Gastronomie an anderen Stellen in der Innenstadt, wurde von den Markthändlern zum größten Teil abgelehnt, von zahlreichen Einzelhändlern und von nicht unerheblichen Teilen der Bürgerschaft positiv bewertet.

Wir haben dazu im Rat sogar einen Kompromiss-Beschluss gefasst – nämlich, dass man sich unter Leitung des Bürgermeisters mit den Markthändlern und Einzelhändlern an einen Tisch setzt – inklusive einiger Ratsmitglieder – und versucht, am Tisch einen Kompromiss zu finden.

Mehrfach habe ich an diesen Beschluss erinnert. Er wurde schlichtweg – obgleich hier einstimmig gefasst – nicht umgesetzt!

Standortfaktor Ärzteversorgung

Ein weiterer Standortfaktor. Vor irgendwelchen Bundes- oder Landtagswahlen lässt sich hier irgendein beliebiger Staatssekretär sehen von irgendeiner beliebigen Partei und verkündet, dass die Ärzteversorgung in ländlichen Regionen – und so auch in Meinerzhagen – wichtig ist. Ach was! Sie ist ein Standortfaktor – nicht nur für ältere Leute – und zwar nicht nur bezogen auf Haus- sondern insbesondere auf Fachärzte – aber auch für Familien, die hier ansiedeln möchten.

Und auch hier – lasst uns doch einfach einmal Visionen entwickeln – und zwar gemeinsam! Vielleicht nicht in einer „Sparkommission“, wie wir sie einmal in dieser Stadt hatten sondern in einer „Denkkommission“, der Vertreter aller Fraktionen angehören.

Was darf man in legaler Weise als Kommune über das Konzept des Kreises hinaus tun, um Ärzte hier anzusiedeln? Mit einem alten Freund, der für die CDU in Plettenberg im Rat sitzt, habe ich mich hierzu schon ausgetauscht. Wir werden im neuen Jahr hierzu auch Anregungen in den Rat einbringen. Aber vielleicht überlegen wir ja einmal alle gemeinsam und lehnen nicht einfach per se etwas ab, nur weil die Idee aus einer einzelnen Fraktion kommt.

 Dann sind da die Schulen.

Meinerzhagen galt einmal als die Schulstadt.

Das war zu der Zeit, als hier noch neben dem Evangelischen Gymnasium und den Grundschulen, der Real- und Hauptschule bzw. der heutigen Sekundarschule die altehrwürdige „Schulpforta“ in Meinerzhagen weilte.

Aber wir verfügen immer noch über ein Top-Gymnasium und eine ebensolche Sekundarschule und über Grundschulen, in denen gezielte Förderung nicht nur für die Schwächeren sondern auch für die Leistungsfähigeren, was genau so wichtig ist, damit sie nicht abschalten, stattfindet.

Dass monatelang in dieser Stadt die Diskussion schwelte, dass Eltern ihre Kinder am Gymnasium ab- bzw. nicht anmelden und stattdessen in Attendorn, weil die Busse nicht zuverlässig fahren, ist ein Unding.

Dies scheint, wie man der Pressemitteilung über die Schulausschusssitzung entnehmen kann, endlich gelöst zu sein.

Das wurde Zeit!

Vielleicht wäre es noch schneller gegangen und die Diskussionen hätten sich nicht derart entfacht, wenn auf Kreisebene das Problem forcierter behandelt worden wäre.

Schulen sind mit der Standortfaktor.

Jetzt aktuell gibt es die Diskussion, ob die Glasfaserkabel bis vors Gymnasium gelegt werden und somit künftig auch das Gymnasium über ein schnelleres Internet verfügt.

Wie bitte? Wir haben ein Spitzengymnasium und befinden uns im digitalen Zeitalter und diskutieren darüber, ob auch hier das Internet künftig schneller wird?

Es wird dringend Zeit. Hier ist es dringend geboten, mit der Schulleitung und dem Kirchenkreis schnellstens eine Lösung zu finden.

Zum Thema Geschäfte als Standortfaktor habe ich bei den Bürgersprechstunden in den letzten Monaten derart viele Äußerungen von Bürgerinnen und Bürgern bekommen, die mitteilten, hier müsse etwas passieren, da zahlreiche Meinerzhagener mittlerweile in Kierspe einkaufen gingen, dass ich der Auffassung bin, wir müssen stärker denken, wo etwas geht und nicht nur durch Bebauungspläne regeln, wo etwas nicht geht.

Noch ein Wort zur Imagewerbung:

Oft sind es Signale, die eine Stadt anziehend machen.

Das Thema familienfreundliche Stadt wurde einmal von einer anderen Fraktion hier in den Rat eingebracht – und wir fanden es gut! Es versandete. Lasst uns das Thema wieder aufgreifen. Es ist, so glauben wir, nicht zu unterschätzen, wenn Bestandteil des Logos unserer Stadt ist, dass wir familienfreundlich sind. Das darf auch etwas kosten, dieses Konzept zu erarbeiten.

Einen letzten Standortfaktor, den wir wirklich haben, möchte ich abschließend erwähnen. Es sind unsere Privatinitiativen, unsere Vereine und Sozialen Einrichtungen, die unsere Stadt und einen Standortfaktor lebenswert machen.

Danke an KUG, an die Sportvereine, den RSV, an die sozialen Einrichtungen, an die vielen ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger, die unsere Stadt lebenswert machen.

Und warum nicht vom Kulturetat ein paar Euro auch für private Kulturinitiativen abzweigen, wie es Bündnis 90/Die Grünen und Unabhängige Wählergemeinschaft einmal vorgeschlagen haben ……..?!

Ich könnte jetzt noch Worte darüber verlieren, wie es Viele fast jedes Jahr tun,

  • dass der Kreis die Umlage prozentual zwar gesenkt hat, dass aber die Belastungen monetär für die Kommunen – so auch für Meinerzhagen – deutlich höher geworden sind und daran erinnern, dass wir hier im Stadtrat auch Kreistagsmitglieder haben,
  • dass die finanziell bessere Situation, die der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede betont, auch darauf beruht, dass wir in den letzten Jahren drastische Steuererhöhungen bei der Grundsteuer B und bei der Gewerbesteuer hatten und dass wir auf der Einnahmeseite deutlich besser stehen als andere Kommunen, weil wir sehr produktive und innovative Unternehmen vor Ort haben.

Einige haben damals von einem „Schluck aus der Pulle“ gesprochen und damit die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmer mit einer „Pulle“ verglichen.

Vorsicht bei der Wortwahl. Auch Steuern sind ein Standortfaktor und wenn sie zu hoch sind, ein nachteiliger.

Ich könnte noch Worte darüber verlieren, dass in dem einen oder anderen Ausschuss Verträge beraten wurden, die die Stadt abgeschlossen hat, über deren Inhalt man sich im Einzelnen gewundert hat und die es nachzubessern gilt.

Ich könnte positiv vermerken, dass in den Haushaltsplänen Bauinvestitionen, die wir beschlossen haben und die nicht umgesetzt wurden, jetzt anders behandelt werden, was ich in mehreren Haushaltsreden der vergangenen Jahre gefordert habe, fange letztendlich aber jetzt am Anfang wieder an und bitte Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen im Rat und in der Verwaltung, über Parteigrenzen hinaus gemeinsam zu denken, was wir an Standortfaktoren für unsere Heimatstadt und für die Bürgerinnen und Bürger künftig entwickeln und verbessern können.

Abschließend bedanke ich mich bei „unserer“ Kämmerin, die gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern strukturiert den Haushalt aufgestellt und ebenso erläutert hat und sage, wir sind froh, dass sie da ist!

Vielen Dank!“

Es gilt das gesprochene Wort!